Eva Szepesi – Zeitzeugin zu Gast an der Merianschule Seligenstadt

Holocaust Überlebende erzählt Schülern ihre Lebensgeschichte

Haupt-und Realschüler des 9. Jahrgangs der Merianschule erhielten am vergangenen Donnerstag zwei ganz besondere Ethikstunden: Laura Lubeseder hatte im Rahmen ihrer Unterrichtseinheit die in Frankfurt lebende Zeitzeugin Eva Szepesi eingeladen, die -trotz eines kürzlichen Klinikaufenthalts- der Einladung folgte und den Jugendlichen ihre Lebensgeschichte erzählte: Die sympathische 86jährige griff dazu auf den Einspieler “Drei Frauen, drei Generationen: Anders sein – jüdisch sein” zurück.

1932 als Eva Diamant in Ungarn geboren, flüchtete sie als 11jährige mit ihrer Tante in die Slowakei. Ihre Mutter und ihr Bruder Tamas blieben zurück. Sie bekam das Versprechen, dass beide nachkommen würden. Warum sie nicht mitgingen oder folgten, erfuhr Eva, die die Flucht zunächst für eine Reise hielt, nicht. Verschiedene Verstecke folgten, bevor auch Eva von den Nazis entdeckt und nach Auschwitz gebracht wurde. Dort bekam sie von einer slowakischen Aufseherin zugeflüstert, dass sie bei der Frage nach ihrem Alter 16 sagen sollte. Nicht wissend, warum sie dies tun sollte oder ob die Aufseherin vertrauenswürdig war, gehörte sie nach der Selektion mit dieser Aussage zur Gruppe der Arbeitskräfte. Was folgte waren Monate unsagbaren Leids und Unrechts. Weil sie im Januar 1945 bereits für tot gehalten wurde, wurde sie nicht auf den Todesmarsch mitgenommen. Am 27. Januar 1945 fand sie ein russischer Soldat zwischen Leichen, tagelang hatte sie ohne Essen und Trinken in der Kälte ausgeharrt.

Dass sie seitdem die Häftlingsnummer A26877 auf ihrem Arm trägt und nie daran gedacht hat, sie entfernen zu lassen, weil sie irgendwie zu ihr gehöre, erfuhren die Jugendlichen im anschließenden Gespräch. Und auch, dass sie, seitdem ihr ihre geliebten Zöpfe abgeschnitten worden waren, nie wieder lange Haare getragen hatte, dafür aber ihren Töchtern und Enkelinnen heute noch gerne Zöpfe flechte, vertraute Frau Szepesi den Schülern an. Mengele würde sie nicht treffen wollen, antwortete sie auf die Schülerfrage, was sie dem Arzt zu sagen hätte. Sie hasse nicht, könne aber auch nicht vergessen oder verzeihen, sagte Frau Szepesi, die heute von der schrecklichen Zeit erzählt, nachdem sie jahrzehntelang, bis 1995 geschwiegen hat. In dem Jahr fuhr sie mit ihren Töchtern zu einer Gedenkfeier nach Auschwitz und habe begonnen, Jugendlichen zu berichten.

Exemplare ihres Buches “Ein Mädchen allein auf der Flucht, Ungarn – Slowakei – Polen” signierte sie für die Schulbibliothek und so erhält jeder Schüler die Gelegenheit, die wahre Geschichte nachzulesen und zu erfahren, dass noch heute ein schwarzweiß Foto auf ihrem Schrank steht, das an ihren kleinen Bruder erinnert.