Jeder der den Plan unseres Austauschs bisher gesehen hatte, kommentierte den heutigen Programmpunkt mit einem „Ohhhhhh! Wie cool!“. Unser Weg führt uns auf eine Alpakafarm.
Kaum sind wir auf dem Gelände, schaut eine Gruppe neugieriger Alpakas über den Zaun, und sie sind so flauschig!
Kevin ist der Besitzer der Farm und begrüßt die Schüler freundlich, während die Aufmerksamkeit der Unseren aber auf den Alpakas hinter ihm liegt (Sie sind soooo flauschig!).
Wir bekommen von Kevin eine Einführung in die Natur der Alpakas, die Nutzung ihres Felles und die Alpakazucht. Beim Versuch der Unseren die Alpakawolle nach Grad der Feinheit zu sortieren, scheitern wir aber kläglich. (So nebenbei: Erwähnten ich schon wie flauschig sie sind?).
Es folgt der absolute Höhepunkt des Besuches: Immer zwei von uns bekommen eine Schale mit Futter für die Alpakas und dann dürfen wir auf die Weide Alpakas füttern und Fotos machen. Es ist spannend zu beobachten, wie die Unseren ganz unterschiedlich auf die Tiere reagieren von absolutem Respekt, ja fast schon Angst bis hin zu vollkommen entspannt ist alles dabei. Ich glaube, während keines anderen Ausflugs in der Geschichte dieses Austauschs sind so viele Bilder in so kurzer Zeit entstanden, wie grade eben. Eines der Alpakas legt sich mitten zwischen uns auf den Boden und lässt in aller Seelenruhe zu, dass es zum Mittelpunkt von zig Snaps, Insta-Posts o.ä. wird. Ob es sich dessen vielleicht sogar bewusst ist? Ich weiß es nicht.
Im Alpakafarm Souvenirshop decken sich die unseren mit allen möglichen Alpakaprodukten ein, von Socken über Hausschuhe bis hin zu einer Alpakamütze mit Gesicht (und alles so flauschig!).
Wir fahren weiter nach Two Rivers wo wir das „Fishing Valley“ Museum besuchen. Ein Museum, welches sich mit den Lebensumständen am Lake Michigan, der kommerziellen Fischerei und der Geschichte der Region befasst. Der Herr, der uns eine Einführung in die Geschichte der Region gibt, könnte auch super Gute-Nacht-Geschichten vorlesen, so eine beruhigende Stimme hat er. (So nebenbei: Nicht nur ich empfinde das so, sondern auch den Schülern geht es so) Wir erfahren einiges über die Entwicklung der Region, die Bedeutung des Lake Michigan für die Wirtschaft, aber auch die harten und zermürbenden Lebensumstände. Dass die großen Seen gefährlicher sind als die Ozeane für die Schifffahrt überrascht immer wieder, aber Stürme über den Seen müssen einen viel heftigeren Wellengang hervorrufen, als auf den Ozeanen. 17 000 registrierte Schiffuntergänge in den vergangenen 150 Jahren alleine im Lake Michigan verdeutlichen dies etwas. Spannend ist es die Artefakte aus gesunkenen Schiffen in der Ausstellung zu sehen, eine Flasche Ketschup aus dem Jahr 1912 oder aber die Taschenuhr des Kapitäns des „Christmas tree Ship“.
Ganz versteckt in einer Ecke finden sich Artefakte der Ureinwohner die einen auf 14 000 Jahre Geschichte Nordamerikas blicken lassen.
Das gemeinsame Mittagessen führt uns zu Luigis Pizza, einer wirklich guten Pizzeria wie sich herausstellt. Allerdings haben einige der Unseren ein wenig Schwierigkeiten ihren Hunger mit der amerikanischen Maßeinheit Inch in Einklang zu bringen. Ein Inch entspricht 2,54cm somit ist eine 12‘ Pizza schon ordentlich. Die schlimmsten Fehleinschätzungen, 18‘, 20‘ oder 30‘ Pizza kann ich zum Glück mit Hilfe der Bedienung verhindern. Sie holt kurzerhand eine 14‘ Pizzaform, um den Schülern die Ausmaße zu verdeutlichen. Die spannende Herausforderung an die Schüler das Trinkgeld zu berechnen bleibt Ihnen erspart, es ist auf den Belegen bereits auf die Summe aufgeschlagen. (So nebenbei: Ein spannendes Problem der Gesellschaft hier ist die Tatsache, dass Bedienungen so schlecht bezahlt werden, dass sie ohne Trinkgeld in einer Stunde nicht mehr als eine Hand voll Dollar verdienen. So sind 20% Trinkgeld inzwischen gängiger Wert und automatisch aufgeschlagen auf die Rechnung. Hoffentlich macht das bei uns so nie Schule!)
Heute wird es kuschelig im Klassenrau für Deutsch als Fremdsprache, es ist Präsentationstag. Die Unseren haben im Vorfeld Präsentationen vorbereitet zu verschiedenen Themen. Aber so 100% zugehört hatten sie wohl nicht, denn sie tun sehr überrascht als es um präsentieren auf Englisch geht (dabei haben sie sogar Kärtchen mit dem englischen Text in der Hand…) und außerdem hätten wir nie gesagt, dass sie mehrfach präsentieren sollten. (So nebenbei: Diese Gespräche haben wir jeden Schüleraustausch aufs Neue.).
Nun gut, sie präsentieren ihre Themen. Hessen, Seligenstadt, Berlin, Oktoberfest oder das Schulsystem in Deutschland um nur ein paar davon zu nennen. Im Großen und Ganzen machen sie eine gute Figur, auch wenn einige leider unsere Anmerkungen aus der Vorbesprechung leider so gar nicht umgesetzt haben. Das große Fremdschämen bleibt uns jedoch erspart und die amerikanischen Schüler haben grundlegen verstanden, was die Unseren erzählen wollten.
Der nächste Morgen beginnt mit einer dichten Wand aus Nebel, die Sichtweite liegt teilweise bei unter 50m. Die Fahrt von der Lincoln High nach Greenbay ist als eine mehr als neblige Angelegenheit und oft verliere ich den Sichtkontakt zum Mr. Glandt. Was jetzt schlimmer ist, der Nebel oder die Musikauswahl meines Beifahrers, ich bin unsicher. Aber ein Mix aus Schlager, HipHop und sonstiger Musik auf voller Lautstärke begleitet uns. Als wir am Lambeau Field ankommen sehen wir: Nichts. Das Stadion der Greenbay Packers ist im Nebel versunken. Im Packers Store ist die Sicht klar und nur der Shoppingrausch vernebelt den Unseren die Sinne. Pünktlicht sind alle am Treffpunkt für unsere Tour und unsere beiden Guides erwarten uns bereits und begrüßen uns auf dem Lambeau Field. Was die Packers so einzigartig macht ist die Tatsache, dass sie keiner Firma oder keinem Privatmann gehören, als einziges Team der NFL. Auch besitzen sie das einzige Stadion in dem fast alles auch zu mieten ist, abgesehen von der Rasenfläche des Spielfeldes, der Packers Umkleide und einiger Verwaltungsbüros. Und es sind wohl einige Vermietungen im Jahr. (So nebenbei: Was ich persönlich nicht nachvollziehen kann ist die Tatsache, dass im vergangenen Jahr im Stadion bei Führungen 15 Heiratsanträge gemacht wurden.)
Mit dem Aufzug kommen wir auf die Ebene mit den großen Privatsuiten und schauen aufs Feld, also eigentlich. Wenn da nicht der Nebel wäre, die andere Seite des Stadions ist nicht zu sehen. Aber zumindest einen kleinen Eindruck bekommen wir. Wir erfahren einiges über den Rasen, die Wetterumstände bei Spielen und die Preise für Privatsuiten (Startpreis für eine Saison, 6 Personen Suite 90 000$. Selbstverständlich ohne Parkticket und mit Jahrzehnten von Wartezeit verbunden). Die Saisontickets werden hier vererbt und aktuell ist die errechnete Wartezeit für Saisontickets knapp 80 Jahre.
Mit dem Fahrstuhl geht es auf die Ebene des Spielfeldes und wir erfahren zumindest wo der Umkleideraum ist, auch wenn dieses Areal Sperrzone ist. Der Umkleideraum ist, wie sollte es anders sein, in Form eines Footballs und das allgegenwärtige „G“ ist als Teppich in der Mitte. (So nebenbei: Die eigentliche Bedeutung des „G“ ist übrigens nicht Greenbay sondern für „Greatness“ wie der Designer des Logos beteuert, auch wenn im Internet viel anderes zu finden ist.). Typisch amerikanisch führt uns der Weg jetzt durch eben jenen Tunnel durch den die Spieler einlaufen, ein Bewegungsmelder löst die Geräuschkulisse von 80 000 Fans aus und mit Lichteffekten „laufen“ wir ins Stadion ein. Der Nebel hat sich ein wenig gehoben und das Stadion offenbart sich unseren Blicken und die Unseren sind beeindruckt. Fotos über Fotos und der übliche Ruf „go Pack go!“ um die gigantische Akustik zu erleben (sehr beeindruckend übrigens). Und dann haben wir schon fast wieder das Ende der Tour erreicht und fahren weiter in die Mall um zu essen und ein wenig zu shoppen. Als wir das Stadion verlassen, ist dann auch von jetzt auf gleich der letzte Fetzen Nebel verschwunden, die Temperatur steigt Sprunghaft und es wird extrem schwül. Zum Glück ist ja hier alles klimatisiert. Wochenende!
Erwähnte ich bereits den unglaublichen Komfort eines amerikanischen Schulbusses für eine Langstreckenfahrt? Ein besonderes Vergnügen, welches uns heute nach Milwaukee schütteln wird. Wie bereits nach Madison versucht jeder im Bus eine irgendwie „komfortable“ Position einzunehmen. Positiv an diesem Trip, die Fahrt ist deutlich kürzer und so stehen wir bei strahlendem Sonnenschein in Milwaukee am Harley-Davidson Museum in der Heimatstadt der legendären Motorräder. Unser Tourguide Bob führt uns durch die Geschichte der Firma und erläutert anhand der ausgestellten Motorräder (aber auch anderer Fahrzeuge) die Entwicklung in der über 100jährigen Geschichte des Konzerns. Welchen Stellenwert die Harley hier hat wird alleine schon dadurch deutlich, dass für Montagmorgen echt viel los ist hier. Die Ausstellung zeigt wie aus motorisierten Fahrrädern zunehmend Motorräder werden. Für Polizei und Militär, aber auch zu Werbezwecken als auch als Transportmobil bis hin zur modernen Harley mit Elektromotor. (So nebenbei: Ich bin ja nun wirklich kein großer Fan von Harleys, aber ein Motorrad mit Elektroantrieb? Das ist wie eine Zahnbürste mit 2-Taktmotor… Das macht man nicht!)
In der Ausstellung finden sich viele kleine Besonderheiten die es zu entdecken gilt. Harleys nach BMW Bauplänen, die Maschine von „Captain Amerika“ aus dem gleichnamigen Film so wie die Maschinen der „Easy Rider“ aber auch eine Maschine die beim Tsunami 2011 in Japan mit einem Container vom Schiff gespült wurde und nach gut einem Jahr in Kanada landete.
Selbst für uns neu ist der Zugang zur Konservierungs- und Restaurationsabteilung, in welcher Maschinen gelagert, aufbereitet und restauriert werden. Ein spannender Einblick hinter die Kulissen des Museums. Am Ende wartet ein besonderes Vergnügen: Das Probesitzen und posieren auf einer Harley zum Bilder machen und so werden die unseren zu „Selfie Easy Ridern“ mit Sonnenbrille.
Zum Mittagessen halten wir in einer Mall, also das war mal eine Mall, also es steht auch schon noch Mall dran, … Von der vor zwei Jahren noch geschäftigen Mall ist fast nichts mehr übrig. ¾ der Läden haben geschlossen und schon jetzt könnte man hier eigentlich einen Horrorschocker drehen: „Angriff des Killer-Amazon“ oder „Buy online“ wären mögliche Titel. (So nebenbei: Lokal einkaufen sicher Arbeitsplätze!) Gut geschüttelt endet ein weiterer Fieldtripp und es geht in den restlichen Unterricht.
Ein neuer Morgen erwartet uns mit Sonnenschein, aber zunächst frischen Temperaturen. Heute haben wir einen entspannten Zeitplan ohne Schüttelbus, ohne Van, einfach nur zu Fuß. (So nebenbei: Heute ist wieder so einer der Tage an denen man weinen möchte [trotzt Sonnenscheins]. Zuhören könnte vieles so einfach und stressfrei gestalten…)
Wir laufen zum Sheriffs Department nach Downtown Manitowoc, nebenbei nehmen wir ein bisschen Einwanderungsgeschichte der USA mit (So nebenbei: Geschichtslehrer und ihr Mitteilungsdrang.). Sheriff Daniel Hartwig erwartet uns und nimmt uns mit auf eine spannende Tour durch sein Department. Seit 9 Monaten ist er der gewählte Sheriff des County Manitowoc, sowas wie einem Landkreis. Rund 200 Menschen fahren in diesem County Streife, bewachen das County-Jail (ein Gefängnis eine Stufe unter den Landesgefängnissen) oder machen Gefangenentransporte. Wir bekommen die Fahrzeuge eines Sheriffs zu sehen, dürfen auf der Vollkunststoffrückbank platznehmen, aber auch ein SWAT Einsatzfahrzeug mit seiner Panzerung wird uns vorgeführt. Erhalten spannende Einblicke in die Küche des Gefängnisses (alles gezählt, angekettet oder weggeschlossen, aber wir bekommen Cookies), die Arbeitsbereiche der Häftlinge und vieles mehr. Etwas beklemmend ist es dann im Zellentrakt selber in dem wir tatsächlich auch auf Inhaftierte in ihren orangenen Overalls treffen, in einer Einzelhaftzelle oder in einer Isolationszelle stehen. In der Kleiderkammer stehen wir vor dem großen Stapel dieser Overalls, aber ich verzichte darauf zu fragen, ob der Kollege Horvath mal einen anziehen darf. Auch wenn es super in die Reihe der Polizeibilder der vergangenen Jahre passen würde. Zum Ende unserer Führung bekommen wir die 911-Notrufzentrale des Countys gezeigt, aktuell ist es ruhig.
Der nächste halt unserer Manitowoc –Tour ist das Maritime Museum mit der USS Cobia, einem U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg. In Manitowoc wurden während des zweiten Weltkrieges 28 U-Boote hergestellt, die USS Cobia allerdings nur nach Plänen aus Manitowoc. Warum hier Schiffe gebaut wurden? Manitowoc war berühmt für seinen Schiffbau und es gab hier damals eine von fünf Werften in den USA die technisch in der Lage waren U-Boote zu produzieren. Diese mussten aufwendig bis nach New Orleans transportiert werden über diverse Flüsse, aber es lohnte sich wohl. Wir bekommen eine Sonderführung und Shane macht einen wirklich guten Job, als er den Unseren die USS Cobia und das Leben auf einem U-Boot im Krieg verdeutlicht. Wir sind nur 17 und es ist eng, dafür klimatisiert. In früheren Zeiten waren es 85 Mann Besatzung bei rund 38°C und 90% Luftfeuchtigkeit mit nur 4 Toiletten (übrigens neun Schritte zum Spülen, sonst kommt dem nächsten alles entgegen), einer Dusche (und auch die nur alle 14 Tage für 2 Minuten). Es wird schnell verständlich, warum hier nur Freiwillige im Krieg dienten, dafür aber auch mehr Sold erhielten. Die Unseren dürfen in den Kojen probeliegen, eine Tauchübung absolvieren und bekommen auch sonst einen guten Eindruck vermittelt.
Ein typisches Diner wie er früher überall in den USA zu finden war ist unser nächstes Ziel. Late’s existiert seit den später 40ern und am Konzept des Diners hat sich nichts geändert. Zu behaupten die Bedienung gehört noch zur Erstausstattung wäre dreist, aber ihre Kindheit könnte sie sicher hier verbracht haben. Die Burger werden frisch zubereitet und man kann direkt zusehen, während man an einer geschwungenen Theke an seinem Soda oder seinem Milchshake nippt. Ein amerikanischer Ausklang für unsere Zeit in Manitowoc, morgen geht es schon nach Chicago. Wir entlassen die Unseren in ihre letzten Stunden an der Lincoln und mit ihren Gastfamilie